Am 05.03.2020 veranstaltete der FVH zusammen mit dem Umweltbundesamt (UBA) Dessau und der Gütegemeinschaft Kompost Ost e. V. einen Workshop mit dem Titel „Klimaschutz bei der Herstellung und Anwendung organischer Dünger“ in den Räumlichkeiten des UBA in Dessau.
Die Teilnehmenden kamen vor allem von Bioabfallverwertungsanlagen, landwirtschaftlichen Biogasanlagen sowie von Behörden und aus der Wissenschaft. Mit dem Workshop sollte das Thema der Veranstaltung (inklusive scheinbarer Randthemen wie Hu-musreproduktion oder die Freisetzung von Ammoniak) nach außen getragen und vor allem die Politik sowie zuständige Be-hörden informiert und angeregt werden.
In dem Workshop konnten fachliche Kenntnisse und praktische Beispiele genannt werden, die die düngewirtschaftlichen Themenbereiche Kreislaufwirtschaft, Immissionsschutz, Boden, Pflanzenbau und Tierhaltung mit dem Klimaschutz verbinden. In den Vorträgen wurden zudem systemübergreifende Stoffströme berührt, die immer stärker CO2-emmissionslimitiert zu gestalten sind. Nach den Vorträgen wurden diese Anregungen diskutiert.
Dabei war und ist es wichtig, das Thema Klimaschutz nicht separat zu betrachten und zu diskutieren, sondern immer im Zusammenhang mit übergreifenden Themen aus der Herstellung und Anwendung von organischem Dünger und den angrenzenden Branchen. Die Intention der Veranstalter war es, sich auf pragmatische Anwendungsempfehlungen zu konzentrieren und Tipps von „der Wissenschaft“ für „die Praxis“ formulieren zu können. Dies ist in weiten Teilen gelungen.
Des Weiteren stellen sich Fragen wie:
Um diese Fragen in konkrete Vorschläge für weiterführende klimaschutzgerechte Praxis- und Entwicklungsvorhaben einfließen zu lassen, werden die Veranstalter des Workshops, gemeinsam mit dem Projektkoordinator der BMEL-geförderten landwirtschaftlichen Klimaschutzforschung KlimAgrar – unter 2 Grad (Universität Potsdam, www.unter-2-grad.de) eine Arbeitsgruppe ins Leben rufen, die sich themenübergreifend aus Vertretern von Wissenschaft und Praxis zusammensetzt.
Die Präsentationen zu den Vorträgen auf dem Workshop am 05.03.2020 können Sie sich mit einem Klick auf die Links herunterladen. Eine kurze Zusammenfassung der jeweiligen Diskussion befindet sich unter den entsprechenden Links.
Die gesamten Vorträge können weiter unten als ZIP-Datei heruntergelden werden.
Diskussionsthema Störstoffproblematik in Bioabfall
Im Anschluss an den Vortrag von Herr Kern (Witzenhausen-Institut) „Erfasste und nicht genutzte Potenziale an Bioabfällen für die Herstellung organischer Dünger / Substrate in Deutschland“ kam es zur Diskussion der Störstoffproblematik im Bioabfall, v. a. der Plastiktüten und zu der Frage, ob leicht kompostierbare Beutel dieses Problem lösen könnten. In den Ausführungen ging es einerseits um die Effizienz der Bioabfallbehandlungsanlagen und zum anderen um die Qualität des Komposts und dem hohen Anteil der nachgewiesenen Plastikpartikeln darin.
Vorteile der biologisch abbaubaren Beutel (BAB) wären:
Nachteile der BAB (zurzeit):
Es gab weitere Anmerkungen:
Diskussionsthema Emissionen von Biogasanlagen
Nach der Vorstellung des Projekts EvEmB (“Evaluation and Reduction of Methane Emissions at biogas plant concepts“) zur Fernmessung von Methanemissionen an (v. a. landwirtschaftlichen) Biogasanlagen von Frau Clauß (DBFZ) gab es Fragen zur Einschätzung der Emissionseffekte. Die gemessenen Methanemissionen befänden sich im einstelligen Prozentbereich. Ammoniakemissionen würden in dem Projekt nicht gemessen. Diese seien aber auch relevant, um sie zu reduzieren, sollten Separationsanlagen zumindest wind- und sonnengeschützt eingehaust sein.
In der Novelle der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) werden der Gesamt-C (Kohlenstoff) und Ammoniak mitberücksichtigt, jedoch sei Lachgas (Distickstoffmonoxid, N2O) sehr schwer zu bilanzieren. Zusätzlich werde bei Methanentstehung auch Lachgas gebildet.
Diskussionsthema Stroh
Herr Stinner (DBFZ) hat in seinem Vortrag „Ökologische Bewertung der Biogasgewinnung aus Stroh - Humuseffekte“ Stroh als regio-nale Biomasse hervorgehoben, die ein bedeutendes Potential bei der organischen Düngung habe und mit deren Anwendung Nährstoff-kreisläufe anteilig geschlossen werden könnten. Jedoch müsse bei der Strohvergärung das Stroh zur Humusreproduktion aus dem Gesamtsystem herausgerechnet werden. Geringe Stroherträge könnten eine verminderte Humusversorgung nach sich ziehen; hier würde evtl. eine angepasste Fruchtfolge erforderlich.
Im ökologischen Landbau basiert Pflanzenernährung i. d. R. auf Nährstoffen, die durch Mineralisation der organischen Bodensubstanz und Wirtschaftsdüngern bereitgestellt werden. Der ökologische Landbau sei daher auf eine hohe Humusreproduktionsrate angewie-sen. Herr Stinner sehe hierfür Stroh als bedeutsamsten Stoffstrom an.
Des Weiteren habe Herr Stinner die Bioethanolproduktion wegen den weiten Transportstrecken ausgeschlossen und wurde gefragt, ob dafür noch weitere Gründe vorlagen. Herr Stinner merkt an, er habe den Schwerpunkt seiner Betrachtungen auf die energetische und nicht auf die stoffliche Nutzung gelegt. Zu den Transportstrecken für Bioethanol führt er aus, dass es sich um den Transport von Flüs-sigkeiten oft über 50 km handele, bei denen anschließend in der Regel eine Leer-Rückfahrt stattfinde.
Diskussionsthema Pflanzenkohle
Herr Kern (Leibnitz Institut) bezog sich in seinem Vortrag auf Möglichkeiten der Torfsubstitution in Kultursubstraten für den Garten-bau und stellte ein Projekt zur thermochemischen Konversion von organischen Reststoffen zu Pflanzenkohle vor. Nachteil seien bisher sowohl die hohen Kosten als auch die Entstehung von Phenolen und Furfuralen bei der hydrothermalen Karbonisierung (HTC).
Im Anschluss an den Vortrag wurde die Frage diskutiert, welche Möglichkeiten bestehen, mit Pflanzenkohlen die Emission von Treib-hausgasen (THG) zu reduzieren. Durch den anaeroben Prozesslauf bei der Herstellung von Pyrolyse-Kohlen könnten THG-Emissionen von 20 % bis 40 % gebunden werden (“Reduzierungspotential“). Kontrovers wurde die Reduzierung von Methan- und Lachgasemis-sionen bei der Anwendung von Pflanzenkohlen (z. B. Kompostierungszuschlagstoff) diskutiert. Eine THG-Minderung könnte mög-licherweise auf einer temporären Bindung aufgrund der großen Oberfläche der Kohlen beruhen.
Herr Stinner bezog sich auf die Stoffströme zur Herstellung von Pflanzenkohle und machte deutlich, dass somit die Verwendung der organischen Substanz nicht zur Humusreproduktion führe, da Pflanzenkohlen nur schwer oder gar nicht in den Bodenhumus inte-griert wird. Nach Kern lassen HTC-Kohlen aufgrund größerer labiler Kohlenstoff-Anteile eine schnellere Integration im Bodenhumus erwarten.
Zudem wurde angemerkt, dass in Bezug auf Pflanzenkohlen die zukünftige Neufassung der Düngemittelverordnung noch Ergän-zungsbedarf habe, jedoch die Einschätzung geteilt werde, dass in zwei bis drei Jahren das europäische Recht soweit sein werde. (Die EU-Düngemittel-Verordnung gehe hier bereits weiter als das nationale Recht, z. B. in Bezug auf den Mindestgehalt an Kohlenstoff in Pflanzenkohlen. Während die deutsche Verordnung von mindestens 80 % Kohlenstoff ausgeht, liegt dieser Mindestwert bei der EU bei 50 %.)
Diskussionsthema Aufbereitung und Anwendung von Gülle
Distickstoffmonoxid (N2O), bekannt als Lachgas, macht etwa ein Drittel der klimarelevanten Emissionen aus der Landwirtschaft aus. N2O-Emissionen stehen in einem linear verlaufenden Zusammenhang zur Stickstoff(N)-Gabe.
Der Anteil von Methan(CH4)-Emissionen an den klimarelevanten Emissionen aus der Landwirtschaft beträgt derzeit ca. 60 %. Seit 1990 wurden die Emissionen von Methan in der Landwirtschaft um ca. 23 % verringert. Die Vergärung von Wirtschaftsdüngern könnte we-sentlich zur Reduzierung von CH4-Emissionen beitragen. Jedoch ist die Umsetzung nur wahrscheinlich, wenn entsprechende Anreize (=Zuschüsse) über das EEG geschaffen werden.
Bei der Reduzierung von klimarelevanten Emissionen aus der Landwirtschaft wird Ammoniak (NH3) als „Hebel“ gesehen.
Als Zielkonflikte bei der THG-Reduzierungsmaßnahmen wurden ‚Emission Swapping‘ (Reduzierung eines THG‘s (z.B. NH3), jedoch die Erhöhung eines anderen THG‘s (z.B. N2O) als „Nebeneffekt“ am selben Ort) und ‚Leakage‘ (durch die Absenkung eines THG‘s (z.B. NH3) an einem Ort, werden Emissionen an einem anderen Ort verursacht) genannt.
Diskussionsthema Düngemittelverordnung
In der Diskussion um die Düngemittelverordnung ging es vor allem um die Vorgehensweisen zur Stickstofflimitierung, die sich begrenzend auf die Humusversorgung von Böden auswirken kann. Es wurden Stickstoffsaldo und die Düngebedarfsermittlung gegenübergestellt, bei letzterer würde organischer Dünger den größten Teil des Stickstoffs ausmachen. Landwirtschaftliche Betriebe mit großen Viehbeständen hätten z. T. große Probleme damit, den selbst produzierten organischen Dünger auf eigenen bzw. kooperativ gebundenen Flächen ordnungsgemäß einzusetzen. Hier wurde auf regionale Unterschiede z. B. zwischen Niedersachsen mit großem Anteil an der Viehhaltung (vor allem im Emsland) und Ostdeutschland mit viel geringeren Anteilen hingewiesen.
Der Vortrag von Herrn Hartel ist bei dem Workshop erkrankungsbedingt ausgefallen.
Diskussionsthema Torfsubstitution
Die derzeit eingesetzten Torfersatzstoffe (TES) könnten mengenmäßig den Torf nur anteilig substituieren. Durch den Import von Torf (tendenziell von Nord- nach Mittel-/Südeuropa) erfolge eine mengenrelevante Verlagerung von Kohlenstoff vom europäischen Norden in den europäischen Süden. Der Einsatz von TES bedinge einen höheren Schulungsbedarf bei Herstellern von Substraten und Gärtnereien (z. B. anderes Bewässerungs- oder Nähstoffmanagement). Bei Holzfasern als TES ergäbe sich meist eine schlechte(re) N-Immobilisierung infolge einer Imprägnierung des Holzes.
Diskussionsthema Humusreproduktion
Im Zusammenhang mit der Abschlussdiskussion wurden vor allem die Fragen der Humusversorgung versus Düngeverordnung besprochen.
„Wir brauchen Stoffströme zur Humusreproduktion!“
Je nach Intensität der Anwendung reproduktionswirksamer organischer Substanz (Humusäquivalente) sowie den Standort- und Nutzungsbedingungen stellt sich in der Regel ein Fließgleichgewicht der Humusvorräte im Boden ein.
Herr Reinhold fasste zusammen:
Aus dem Auditorium kam der Einwand, dass der Humusgehalt in den praktisch genutzten Böden in den zurückliegenden Jahren stark abgenommen habe.
Es folgte ein Gespräch, um mit einem gemeinsamen Fazit den Workshop zu schließen.
Am 05.02.2019 veranstalteten wir zusammen mit dem Umweltbundesamt Dessau, dem Deutschen Biomasseforschungszentrum Leipzig, der TERRA URBANA Zossen und der Gütegemeinschaft Kompost Ost in den Räumlichkeiten des Umweltbundesamtes in Dessau einen Workshop zum Thema des Klimaschutzes in der Bioabfallverwertung statt. Teilnehmer waren Betreiber von Bioabfallverwertungsanlagen sowie behördliche und wissenschaftliche Branchenvertreter. Der Workshop richtete sich vorrangig an klimabewusste Vertreter von Bioabfallbehandlungsanlagen und zielte auf die Sensibilisierung der Branche für den Klimaschutz während des Herstellungsprozesses von organischen Düngern und Bodenverbesserungsmitteln. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen informierten über den aktuellen Kenntnisstand der Entstehung und Bewertung von Treibhausgas-Emissionen und dem Verbrauch von CO2-Äquivalenten während der Rotte- und Gärungsprozesse und klärten über Entwicklungspotenziale auf. Darüber hinaus gab es Vorträge über das momentan laufende Forschungsprojekt “KlimaBioHum”. Dieses Verbundprojekt beschäftigt sich bis Ende 2021 mit der Fragestellung, wie die Prozesse der Vergärung und der Kompostierung zukünftig klimaschonender gestaltet werden können, damit auch die Bioabfallbranche ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und den gesteckten Zielen des Pariser Klimaabkommens gerecht wird.
Gerne können Sie sich mit Klick auf den entsprechenden Button die Handzettel und Präsentationen zu den Vorträgen der Veranstaltung herunterladen:
FVH Förderverband Humus e. V.
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